06.07.2018 Marburger Mediziner beteiligte sich an großangelegter internationaler Studie

Psychische Erkrankungen weisen zahlreiche genetische Übereinstimmungen auf, die sich nicht in den herkömmlichen klinischen Diagnosekategorien niederschlagen. Das ist eines der Ergebnisse einer Studie, über die das internationale „Brainstorm“-Konsortium in der aktuellen Ausgabe des Forschungsmagazins „Science“ berichtet.
Der Verbund, an dem sich auch der Psychiater Professor Dr. Igor Nenadić von der Philipps-Universität beteiligt, erforschte die genetischen Verbindungen zwischen psychiatrischen Krankheitsbildern, zu denen zum Beispiel Schizophrenie, Depression und bipolare Störungen zählen. Wie beeinflussen genetische Faktoren diese Erkrankungen?
Weil psychische Erkrankungen oft zusammen auftreten, lässt sich nur schwer ermitteln, ob und wie die eine Störung die Entwicklung einer anderen beeinflusst. „Um die neurobiologischen Überschneidungen zwischen diesen Krankheiten zu untersuchen, entwickeln wir zum Beispiel an der Philipps-Universität neue Ansätze in der Kombination von Magnetresonanz-Bildgebung und Genetik“, erläutert der Marburger Koautor Igor Nenadić. 
Für die aktuelle Studie führte das Konsortium die Daten von 600 Institutionen aus aller Welt zusammen, um die genetischen Muster von 25 psychiatrischen und neurologischen Erkrankungen zu untersuchen. Da jede einzelne genetische Variante nur einen kleinen Prozentsatz zum Risiko beiträgt, eine bestimmte Erkrankung zu entwickeln, erfordern solche Analysen große Stichprobengrößen, um zuverlässige Signale vom Rauschen zu unterscheiden. Das Konsortium bezog daher Daten von 265.218 Patienten und 784.643 Kontrollpersonen in die Studie ein. 
Die Ergebnisse zeigen umfassende genetische Überschneidungen zwischen verschiedenen Hirnerkrankungen, insbesondere zwischen ADHS, bipolarer Störung, Depression und Schizophrenie. Im Gegensatz dazu sind neurologische Krankheitsbilder wie Parkinson und Multiple Sklerose stärker gegeneinander abgrenzbar. Der hohe Grad der genetischen Korrelation zwischen psychiatrischen Krankheitsbildern legt nahe, dass die aktuellen diagnostischen Kategorien die zugrunde liegende Biologie nicht angemessen widerspiegeln.      
Die Gesamtleitung der Forschungsarbeiten oblag dem Genetiker Professor Dr. Benjamin Neale vom Broad Institute am Massachusetts Institute of Technology und dem Psychiater Professor Dr. Aiden Corvin vom Trinity College Dublin sowie Neales Mitarbeiter Dr. Verneri Anttila.

Originalpublikation:
The Brainstorm Consortium: Analysis of shared heritability in common disorders of the brain, Science 2018,
DOI: http://dx.doi.org/10.1126/science.aap8757   

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